Das Bett der Eider, ein Schmelzwasserabfluß
Hier richten wir unser Augenmerk auf die letzte Eiszeit. Sie liegt zwar gut eine Million Jahre zurück, aber gerade sie formte entscheidend die Landschaft bei uns so, wie wir sie heute vorfinden.
Damals entwickelten sich über Skandinavien mehrfach große, bis zu 3000 Meter hohe Inlandseismassen, Gletscher, die sich weit in den Süden bis in unser Gebiet und darüber hinaus vorschoben. Und das nicht nur einmal. Die Gletscher kamen, schmolzen ab, bauten sich erneut in Skandinavien wieder auf und drängten wieder nach Norddeutschland vor.
Das geschah viermal innerhalb von 1,6 Millionen Jahren. Die drei Rückzugsphasen nennet man Zwischeneiszeiten.
Von der ersten, zweiten und dritten Vereisung sowie deren Zwischeneiszeiten gibt es in ganz Norddeutschland kaum Funde einer Besiedlung.
60 000 Jahre lang - von 70 000 bis etwa 10 000 v. C. wirkten die Kräfte des Eises und des arktischen Klimas auf unsere Landschaft ein und formten die heutige Gestalt und Bodenbeschaffenheit. Die Gletscher schoben wie Bulldozer den Boden auf. Deren sog. Stauchfalten, die Hüttener- und Duvenstedter Berge, sind bis heute sichtbar.
Bei der letzten Vereisung dürfte das Inlandeis bis zu der Linie Jagel - Alt-Duvenstedt gereicht haben. Nur der äußerste Westen unseres Gebiets blieb eisfrei, so dass Borgstedt gerade noch vom Eis bedeckt blieb. Der Gletscher mag hier nur noch etwa 300 Meter hoch den Boden bedeckt haben, er war aber sehr viel höher als die Rader Hochbrücke.
Von Norden schoben sich stetig Gletscher nach Süden. Sie drückten den Boden auf dem Gletschergrund nicht nur vor sich her, sondern sie führten nahe an ihrer Sohle Gesteinsschutt jeglicher Form und Größe mit sich, der zusätzlich wie ein Schleifstein den Untergrund abrieb. Dieser Gesteinsschutt schuf die norwegischen Fjorde.
Die Gletscher beförderten den Abrieb dann aus den Fjorden bis in unser Gebiet. Hier luden sie ihn mit ihrem Abschmelzen ab: Geröll, Steine, Kies und Sand.
Wer heute über ein kahles norwegisch-schwedisches Fjell oder durch die karge finnische Granitbuckellandschaft fährt oder wandert, ist sich wohl kaum bewusst, dass er sich in der „Ur-Heimat Schleswig-Holsteins“ befindet. Die mächtige Verwitterungsschicht, die einst auf dem skandinavischen Gebirge lag, ist nämlich zum großen Teil in Schleswig-Holstein anzutreffen. Schleswig-Holstein verdankt also seine Existenz Skandinavien.
Während die Gletscher beim Abschmelzen des Eises den Schutt langsam ablegten, gruben die unter dem Eis verlaufenden Schmelzwasser tiefe Rinnen in den Grund. Die Eider ist ein solcher Schmelzwasserabfluss, der sich unter dem Eis in einem Tunnel sein Bett grub und den Abraum, Geröll und Sand, an seiner Mündung ablagerte. Sie bilden unsere heutige Geest. Und der Fockbeker, der Audorfer-, der Borgstedter- und der Schirnauer See – sind als Reste des einstigen an der Gletschersohle verlaufenden Rinnensystems bis heute übrig geblieben. Das Schmelzwasser der Wittensee-Eis-Zunge wird vermutlich durch eine Senke, die heutige Schirnauer Au, zur Eider geflossen sein.
Wird fortgesetzt.